• Frage: Ist die Idee, Glas in Sand umzuwandeln und die Strände damit aufzufüllen, ein erreichbares Ziel?

    Frage gestellt hand16gum am 4 Okt 2022.
    • Foto: Niko Lahajnar

      Niko Lahajnar Beantwortet am 4 Okt 2022:


      Das ist eine sehr gute und komplizierte Frage.
      Also, Glas besteht aus reinem SiO2, liegt aber in amorpher Phase vor (also nicht in Kristallform, deswegen können wir auch so gut durch eine Fensterscheibe schauen). Natürlicher Sand besteht zum großen Teil aus Quarz (auch SiO2), aber eben auch aus vielen anderen siliziumhaltigen Mineralen wie Feldspäte, Olivine, Pyroxene, Amphibole usw. Auch wenn die Sandkörner eher wenig mit der Umwelt reagieren, so gibt es doch viele natürliche Oberflächenprozesse, die mit Glas so nicht funktionieren würden. Dazu kommen noch unterschiedliche Reflexionseigenschaften des Sonnenlichts, unterschiedliche Oberflächenverzahnungen (Wüstensand sieht unter dem Mikroskop z.B. ganz anders aus als Strandsand) usw.

      Ich bin jetzt kein Küstenexperte, aber ich denke, im kleinen Rahmen ließe sich ein künstlicher „Glasstrand“ durchaus herstellen. Vielleicht könnte man auch Glas-Sand unter den natürlichen Sand mischen. Im großen Rahmen funktioniert das aus meiner Sicht nicht, weil das Glas ja auch erst mal mit viel Energie so klein zerstückelt werden müsste, bis die scharfen Ränder alle auf ein normales Maß abgerundet sind. Und das kostet auch eine Menge Energie.

      Ich bin immer skeptisch, wenn der Mensch versucht, die Natur durch künstliche und menschengemachte Produkte zu „optimieren“. Meistens stellt sich im größeren Rahmen und bei Langzeitstudien raus, dass neben den positiven Effekten auch viele negative Effekte eintreten, die man vorher so nicht gesehen oder vermutet hat. Deswegen scheitern viele Projekte auch bei der Übertragung eines erfolgreichen Laborversuchs in die natürlichen Ökosysteme. Die Natur ist oftmals doch komplexer, als wir denken.

    • Foto: Ann-Cathrin Rohrweber

      Ann-Cathrin Rohrweber Beantwortet am 4 Okt 2022:


      Neben der Frage, was genau man am Strand ablädt (Sand/Glas/…), muss man auch überlegen, ob das überhaupt sinnvoll ist. Viele Leute möchten, dass Sylt oder andere Inseln weiter existieren – sei das, weil man dort wohnt oder gerne Urlaub macht oder aus anderen Gründen. Langfristig werden wir Menschen aber einsehen müssen, dass die Natur stärker ist und die entsprechende Insel sich irgendwann verändern oder gar verschwinden wird. Bis dahin können wir weiter für enorme Geldsummen riesige Mengen Material dort abladen (und damit massiv ins lokale Ökosystem eingreifen!). Oder wir sehen in die Zukunft und finden vielleicht eine andere Lösung. Ähnliches gilt übrigens auch für Flüsse, die mit großem Aufwand in eine bestimmte Bahn gezwängt werden. Auch hier wäre es vielleich teilweise besser, der Natur zumindest wieder etwas mehr Platz zu geben.

Kommentare